Zum Einstieg: «Unbedingt! Auf keinen Fall!»

Selten sind sich zwei Experten so einig wie Nicki Weber und Thomas Veraguth bei der Frage, ob man schon jetzt wieder in ausländische Immobilien investieren («Unbedingt!») oder doch besser noch etwas warten sollte («Auf keinen Fall!»).

Zumal die Einstimmigkeit aus berufenem Mund kommt: Nicki Weber ist Leiter Distribution Real Assets EMEA von ÃÛ¶¹ÊÓÆµ Unified Global Alternatives und prognostiziert: «2025 wird das Jahr für ausländische Immobilien!» Thomas Veraguth wiederum ist beim ÃÛ¶¹ÊÓÆµ-CIO zuständig für den Bereich Swiss & Global Real Estate Strategy und überzeugt, für einen Wiedereinstieg oder eine Verstärkung des Exposures sei «der richtige Zeitpunkt genau jetzt»: Der Markt habe seinen Boden gefunden, die Preise steigen und das Transaktionsvolumen entspreche wieder dem langjährigenÌýDurchschnitt.
Das wirft Fragen auf wie:

  • Woher der plötzliche Optimismus – schliesslich haben Immobilien weltweit 2022/2023 rund ein Viertel ihres Wertes eingebüsst?
  • Wie konnte Betongold in so kurzer Zeit so viel von seinem Glanz verlieren?
  • Und: Wo und wie soll man in welche Immobilien investieren?

Antworten auf diese und weitere Fragen liefert der Artikel.

Kapitel 1: Weder Crash noch Krise, sondern Kollateralschaden

Unter Volkswirtschaftlern kursiert ein Bonmot: Der Unterschied zwischen sehr oft und immer lasse sich prima anhand der Markteingriffe durch die Zentralbanken aufzeigen: Sie sind sehr oft von Erfolg gekrönt – und immer von unbeabsichtigten Nebeneffekten begleitet.

Die Entwicklung der Immobilienmärkte in den letzten zehn Jahren bestätigt die Richtigkeit dieser These:

  • Zwischen 2015 und 2020 lässt sich aufgrund der historisch tiefen Zinsen mit Anleihen kaum noch eine akzeptable Rendite erzielen – sehr wohl aber mit Immobilien. Die Immobilienmärkte boomen, das Volumen wächst stetig, und auch der lockdownbedingte Einbruch im Jahr 2020 wird 2021 mit einem Transaktionsrekord von über 1,2 Billionen USD mehr als wettgemacht.
  • Doch das günstige Geld und die staatlichen Corona-Impulsprogramme heizen auch die Inflation an. Als diese im Sommer 2022 ausser Kontrolle zu geraten droht, sehen die Zentralbanken keine andere Möglichkeit, als die Leitzinsen anzuheben (was sich im Nachhinein als zielführend erweist).
  • Der unbeabsichtigte Nebeneffekt: Durch die gestiegenen Zinsen lässt sich ab Sommer 2022 auch mit Anleihen wieder eine positive Rendite erzielen. Die Renditedifferenz zwischen Anleihen und Immobilien beginnt zu schrumpfen; bald schon ist der Risikozuschlag so gering, dass sich Anlagen in Immobilien nicht mehr rechtfertigen lassen.
  • Der Kollateralschaden ist beträchtlich: Das Transaktionsvolumen der Immobilienmärkte bricht ein – im 2. Halbjahr 2022 um 201 Milliarden USD und im Folgejahr um weitere 471 Milliarden USD; zwischen Sommer 2022 und Ende 2023 halbiert sich so das Marktvolumen gegenüber 2021 um mehr als die Hälfte, die weltweiten Immobilienanlagen verlieren im Schnitt rund ein Viertel ihres Wertes.
  • 2024 beginnt sich das Blatt zu wenden: Die Zentralbanken haben die Inflation so weit gebremst, dass sie ihre Leitzinsen wieder senken können. Zwar lässt sich mit Anleihen nach wie vor eine positive Rendite erzielen; die schrumpfende Renditedifferenz macht aber Anlagen in Immobilien wieder attraktiv.
  • Die weltweiten Immobilienmärkte finden im 2. Halbjahr 2024 ihren Boden, das Transaktionsvolumen liegt per Ende des Jahres wieder im Bereich des langjährigen Durchschnitts von rund 780 Milliarden USD.

Kapitel 2: Was stimmt die Fachleute so optimistisch?

Für Nicki Weber war die Korrektur der Immobilienmärkte zinsgetrieben, hatte also nichts mit den Immobilienanlagen zu tun. Auch für Thomas Veraguth haben nicht die Finanzmärkte die Korrektur ausgelöst, sondern die Zinspolitik der Zentralbanken.

Wiederholt sich nun also die Geschichte mit umgekehrten Vorzeichen? Sehr wahrscheinlich, meinen beide Experten, und begründen ihre Prognose mit folgenden Argumenten:

  • Die Fundamentaldaten sind sehr positiv. Im Sektor «Wohnen» ist die Nachfrage mit wenigen Ausnahmen weltweit deutlich höher als das Angebot. So müssten zum Beispiel in Deutschland jährlich rund 750 000 neue Wohnungen entstehen, um den langfristigen Bedarf zu decken – gebaut werden aber nur rund 250 000. Ähnliches gilt auch für Industrie- und Logistikflächen oder für Datacenter.
  • Bauen wird immer teurer – nicht zuletzt wegen der stark gestiegenen Bau- und Materialkosten. Auch dies trägt dazu bei, dass das Angebot an Wohn- und Industriebauten kleiner ist als die Nachfrage und das Leerstandsrisiko entsprechend gering.
  • Wertmässig fiel die Korrektur zwischen dem zweiten Quartal 2022 und dem vierten Quartal 2023 wesentlich schwächer aus als beim Transaktionsvolumen. Dies ist ein deutlicher Hinweis dafür, dass die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern zu weit auseinanderlagen, der Markt also grundsätzlich nach wie vor gesund ist.
  • 2024 haben tiefere Preise (= höhere Kapitalisierungsraten) und niedrigere Finanzierungskosten dazu beigetragen, dass sich das Transaktionsvolumen wieder erholt hat. Für die Investoren bedeutet das letztlich, dass die Eintrittskosten in einen gesunden Markt günstiger geworden sind.
  • Anleger sitzen auf «Dry Powder» in Höhe von geschätzten 400 Milliarden USD, das sie in Immobilien anlegen müssen; sie sind aktuell auf der Suche nach geeigneten Investitionsmöglichkeiten – und werden mit ihren Anlagen die Nachfrage weiter steigern.
  • Gemäss dem «Billionaire Ambitions Report 2024» von ÃÛ¶¹ÊÓÆµ wollen 19 Prozent der Befragten in den nächsten 12 Monaten ihren Immobilienanteil signifikant steigern – das sind 10% mehr als bei allen anderen Anlageklassen.
  • Für 2025 geht ÃÛ¶¹ÊÓÆµ von einem Wertzuwachs von knapp 10 Prozent Gesamtrendite aus – die Korrektur der letzten zwei Jahre sollte also bereits Ende 2025 wieder wettgemacht sein. 2026 dürfte sich die Gesamtrendite weiter normalisieren und beim langjährigen Mittel von 7-8 Prozent einpendeln.
  • ÃÛ¶¹ÊÓÆµ geht für 2025 von vier Szenarien aus: «Boom», «Normalfall», «Zollschock» und «Harte Landung». Die ersten beiden sind für alle Anlageklassen positiv bisÌýneutral; für Immobilien spricht, dass sie auch bei einem Zollschock neutral bleiben. Sprich: Mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit wird 2025 tatsächlich zum Jahr der ausländischen Immobilien.

Wahrscheinlichkeit von vier Szenarien

In der Grafik sind die Wahrscheinlichkeiten für vier Szenarien in Prozent aufgezeigt. Es sind dies die SzenarienÌý«Boom» mit 25%, «Normalfall» mit 50%,Ìý«Zollschock» mit 15% undÌý«Harte Landung» mit 10%.

Kapitel 3: Es gibt auch Gewinner unter den Verlierern

Die Wertkorrektur des globalen Immobilienmarktes hat die Gewinne von 2019 bis 2021 ausgelöscht und den Wert der Anlagen um rund 10 Prozent reduziert – im Durchschnitt, wohlgemerkt. Doch eine differenziertere Betrachtung offenbart, dass manche Teilmärkte die Krise relativ unbeschadet überstanden haben.

Die Grafiken zeigen, welche Sektoren und welche Regionen den Durchschnitt nach oben respektive nach unten gedrückt haben.

Wo sind die Aussichten am besten?

Die Perspektiven der wichtigsten Marktsegmente – Wohnen, Industrie, Retail, Hotels und Office – unterscheiden sich regional stark. Die Auflistung entspricht den länderspezifischen Empfehlungen des ÃÛ¶¹ÊÓÆµ CIO (+: Exposure erhöhen, 0: Exposure halten,
— : Exposure reduzieren).

Transaktionsvolumen weltweit

Weltweites Transaktionsvolumen der Immobilienmärkte (in Milliarden US-Dollar)

Die Grafik zeigt das weltweite Transaktionsvolumen aller Immobilienmärkte (in Milliarden US-Dollar) von 2007 bis 2025. Beginnend mit einer starken Reduktion von 900 auf fast 250 Milliarden US-Dollar von 2007 bis 2009 erholt sich das Transaktionsvolumen von 2009 mit stetigem Anstieg der Volumina bis 2015 auf leicht über 950 Milliarden US-Dollar. Nach einer leichten Reduktion 2016 auf rund 900 Milliarden US-Dollar steigt das Volumen bis 2019 erneut auf 1050 Milliarden US-Dollar. 2020 fällt das Volumen auf 800 Milliarden zurück und steigt im Anschluss 2021 auf den Höchststand von 1250 Milliarden US-Dollar. Danach folgt eine Reduktion auf 1050 Milliarden 2022 und eine weitere starke Reduktion auf 600 Milliarden US-Dollar. 2024 erholen sich die Volumina wieder auf fast 800 Milliarden und für 2025 ist ein weiteres Wachstum auf gut 1000 Milliarden US-Dollar möglich.

Wertentwicklung nach Sektoren

Renditeunterschiede nach Sektoren

Description of this graphic

Wertentwicklung nach Regionen

Kapitel 4: Wie investieren?

Entweder direkt oder indirekt – der Investor erwirbt also entweder eine Immobilie oder Anteile eines Immobilienfonds. Direktinvestitionen haben den Vorteil, weniger volatil zu sein als Fonds – andererseits binden sie viel Kapital in einer Anlage, erschweren eine optimale Diversifikation und sind deshalb in der Regel nur für sehr grosse institutionelle Anleger empfehlenswert. Gerade im Ausland setzen institutionelle Anleger aus der Schweiz deshalb vor allem auf indirekte Investitionen.

Breit und tief: die Auswahl an indirekten Anlagen

Das Angebot ist mittlerweile so breit und tief, dass es garantiert für jedes Bedürfnis – und sei es noch so ausgefallen – ein indirektes Anlagevehikel gibt, das genau die Art von Immobilien (und nur die!) abdeckt. Das ist nur möglich, wenn sich der Asset Manager ausschliesslich auf ein Gebiet spezialisiert und jede einzelne Immobilie in seinem Angebot bis ins Detail kennt. Für Nicki Weber ist deshalb die Ära der General Manager vorbei und nur ein Multi-Manager-/Best-in-Class-Ansatz zielführend, um mit den führenden, oft sehr spezialisierten Sektor- und Nischenmanagern zu investieren. Dies erlaubt eine aktive Gewichtung in den Sektoren und Strategien, die mittel- und langfristig die höheren risikoadjustierten Renditen versprechen.

Auch Themen und Bedürfnisse bringen Rendite

Um attraktive Anlagemöglichkeiten zu finden, empfiehlt Weber zudem, auch in Themen zu denken. So umfasst zum Beispiel ein Investment in «Living» anstatt «Wohnen» neben Mietwohnungen auch Wohnraum für Studierende, Wohngemeinschaften, begleitetes Wohnen, Altersresidenzen, Business Apartments, Einfamilienhäuser zur Miete und vieles mehr.

Kapitel 5: Der Sonderfall Schweiz

Nicht nur ist der Schweizer Immobilienmarkt deutlich weniger volatil als andere – Pensionskassen und andere Investoren, die in Franken kalkulieren, müssen bei Investitionen im Ausland stets auch noch das Währungsrisiko absichern. Das Hedging ist wegen der hohen Zinsdifferenz zu anderen Währungen und vor allem zum US-Dollar so teuer, dass unter dem Strich von der Performance nicht mehr so viel übrig bleibt. Kein Wunder, legen Schweizer Pensionskassen ihr Geld mit Vorliebe in Schweizer Immobilien an – und zwar mit Erfolg, wie der Artikel «Pensionskassen und ihre Immobilien» im ÃÛ¶¹ÊÓÆµ Focus aufzeigt.

Kapitel 6: Fünf Schlussfolgerungen

  1. Die Zentralbanken haben 2022 mit ihrer Zinserhöhung nicht nur die Inflation bekämpft, sondern auch eine Korrektur der Immobilienmärkte ausgelöst. Nun, da sie die Leitzinsen wieder senken, werden auch Immobilien wieder attraktiver als Anleihen oder der Geldmarkt.
  2. Fachleute empfehlen, jetzt einzusteigen; sie rechnen damit, dass die Gesamtrendite 2025 wertmässig um 7 bis 8%, ab 2026 um knapp 10% p. a. zulegen wird.
  3. In den meisten Märkten werden die Segmente Industrie/Logistik und Wohnen positiv, Retail und Hotels neutral und µþü°ù´Çs negativ eingestuft.
  4. Die Auswahl an indirekten Anlagen ist extrem breit und tief – es gibt für jedes Bedürfnis ein genau passendes Angebot.
  5. Die Schweiz ist (wie meistens) ein Sonderfall.

Nicki M. Weber

Nicki M. WeberÌýleitet bei ÃÛ¶¹ÊÓÆµ Unified Global Alternatives die Investmentspezialisten-Einheit für Real Assets für institutionelle, private und Wholesale-Kunden im EMEA-Raum. Davor war er verantwortlich für das globale Angebot an Immobilienprodukten des ÃÛ¶¹ÊÓÆµ Asset Management für private Vermögensverwaltungskunden. Nicki Weber ist Diplomwirtschaftsingenieur, Chartered Alternative Investment Analyst und hat einen Nachdiplomabschluss des Cambridge International Land Institute.

Thomas Veraguth

Thomas Veraguth arbeitet seit 2009 für ÃÛ¶¹ÊÓÆµ; aktuell leitet er beim CIO des ÃÛ¶¹ÊÓÆµ Wealth Management den Bereich Swiss & Global Real Estate Strategy. Er ist weltweit akkreditiert als Immobilienanalyst für direkte und private Anleger und überdies Dozent für Wirtschaft und Bank-Management an der Kaleidos-Universität für angewandte Wissenschaften in Zürich. Thomas Veraguth hat an der Hochschule St. Gallen Wirtschaft studiert und mit einem Master abgeschlossen.

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