F¨¹r viele Menschen ist die Arbeitsstelle mehr als ein Lohnzettel am Ende des Monats. Im Idealfall k?nnen sie in ihrer Arbeit ihre Leidenschaft oder ihre Werte verwirklichen. Die Arbeit kann auch eine M?glichkeit bieten, etwas f¨¹r die Gemeinschaft zu tun. Angesichts der weltweiten Kluft zwischen Arm und Reich scheint ein Grundeinkommensprogramm eine M?glichkeit darzustellen, das Problem zu l?sen und die Kluft zu ¨¹berwinden. Derlei Programme tragen viele Namen: bedingungsloses Grundeinkommen, B¨¹rgergeld, Sozialdividende und Grundeinkommensgarantie, um nur einige zu nennen. Sie beruhen jedoch gr?sstenteils auf dem gleichen Konzept: regelm?ssige Zahlungen an Personen, die an keine oder nur an sehr begrenzte Anforderungen gebunden sind. Zwar haben viele L?nder ¨C die USA, Kanada, Namibia, Brasilien, Kenia, Finnland, die Niederlande, Uganda ¨C mit solchen Programmen experimentiert, aber bisher nur in Form von Feldversuchen und Pilotprojekten.

Wirtschaftsnobelpreistr?ger Peter Diamond?ist der Ansicht, dass diese Experimente, obwohl sie noch nicht ¨¹ber ein Fr¨¹hstadium hinausgekommen sind, sich lohnen und aufschlussreiche Ergebnisse liefern.

?Worauf es hier ankommt, ist, dass alle ein ausreichendes Einkommen erhalten, der Beginn eines Grundeinkommens?, so Diamond. ?Zweitens geht es darum, den Menschen die Chance zu bieten, dank der Finanzmittel, die sie erhalten, etwas zu tun, das sie gerne tun m?chten und das ihnen zusagt.?

Diamond, der den Wirtschaftsnobelpreis im Jahr 2010 erhielt, befasste sich eingehend mit dem Thema optimale Besteuerung und Rentenpolitik. Er sieht das bedingungslose Grundeinkommen als Erweiterung anderer Sozialprogramme, wie Krankenversicherung oder Kindergeld an, das mit Anreizen versehen, getestet und optimiert werden kann.

?Man kann beobachten, wie die Menschen auf verschiedene Anreize reagieren und sich dann Gedanken ¨¹ber die allgemeine Ausgestaltung machen und die neu gewonnenen Erkenntnisse einbeziehen?, erkl?rt er. ?Dann sehen wir, wie es l?uft und wie es sich auf das Gesamtwachstum auswirkt.?

Die Effekte dieser Programme sind vor allem in der westlichen Welt relevant, wo unser Arbeitsleben einen wichtigen Bestandteil unseres Lebens insgesamt ausmacht.

?Die Menschen arbeiten f¨¹r Geld und weil es ihnen Freude bereitet oder sie mit Stolz erf¨¹llt?, so Diamond. ?Meiner Meinung halten viele Menschen Ausschau nach einer T?tigkeit, die sie wertsch?tzen und f¨¹r die sie sich gerne engagieren m?chten.?

Die Menschen arbeiten f¨¹r Geld und weil es ihnen Freude bereitet oder sie mit Stolz erf¨¹llt.
¨C Diamond

Bengt Holmstr?m, ein finnischer Nobelpreistr?ger, hatte die seltene Gelegenheit, zu beobachten, wie sein eigenes Land mit dem bedingungslosen Grundeinkommen experimentierte. Das finnische Pilotprojekt, das Ende 2018 auslief, bot den Teilnehmern an dem Experiment ein Grundgehalt, das als ?B¨¹rgerlohn? bezeichnet wurde. Ein wichtiger Aspekt war, dass die Menschen nicht gezwungen waren, eine Arbeit zu suchen, um das ?Gehalt? zu beziehen, und ohne Einschr?nkungen mehr hinzuverdienen konnten.

W?hrend einige L?nder ¨¹ber das bedingungslose Grundeinkommen als Erg?nzung zum Arbeitseinkommen f¨¹r Menschen in niedrigeren sozio?konomischen Klassen diskutieren, erhielten bei dem finnischen Pilotprojekt und anderen Programmen ?hnlicher Manier alle den gleichen Betrag, unabh?ngig von ihrer Einkommensh?he.

Es gibt jedoch einen Aspekt, der nach Ansicht von Holmstr?m bei allen Grundeinkommensprogrammen vernachl?ssigt wird. Und er hat nichts mit Geld zu tun. Er bezieht sich auf den sozialen Aspekt einer festen Besch?ftigung.

?Nehmen Sie diese neue Generation junger Menschen?, beginnt er. ?Wenn sie in eine Gesellschaft hineingeboren werden, in der die H?lfte der Bev?lkerung nicht arbeitet, sehen sie das m?glicherweise als etwas ganz Normales an. Meiner Meinung nach ist das eine sehr ungute Sache.?

Holmstr?m ist der Ansicht, dass die Menschen gesch?tzt werden m?chten und eine Rolle in der Gesellschaft brauchen, die mehr bedeutet, als nur ein Gehalt zu beziehen. Daher haben wir es hier mit einem potenziellen Problem des bedingungslosen Grundeinkommens zu tun, das es zu bedenken gilt.

?Arbeit ist so viel mehr als nur Geld?, betont er. ?Das Fehlen langfristiger Beziehungen wird bedeutende Auswirkungen haben. Nicht nur darauf, wie wir Dinge herstellen, sondern meiner Meinung nach auch auf die gesamte menschliche Soziologie.?

Wenn [junge Menschen] in eine Gesellschaft hineingeboren werden, in der die H?lfte der Bev?lkerung nicht arbeitet, sehen sie das m?glicherweise als etwas ganz Normales an. Meiner Meinung nach ist das eine sehr ungute Sache.
¨C Holmstr?m

Der Verlust des Arbeitsplatzes, meint Holmstr?m, ist nicht nur deswegen so hart, weil man sein Gehalt verliert, sondern auch, weil man sich als B¨¹rger nicht mehr gesch?tzt f¨¹hlt und sich als weniger wertvoll empfindet. Viele Menschen, die arbeitslos werden, haben auch das Gef¨¹hl, dass ihnen die M?glichkeit genommen wurde, auf eine wesentliche Weise zur Gesellschaft beizutragen. Dies und der Verlust der pers?nlichen Beziehungen bereiten Holmstr?m die gr?sste Sorge.

?Es gibt einen Grund, warum wir Beziehungen haben. Und dieser soziale Aspekt der Arbeit ist ausserordentlich wichtig?, bekr?ftigt her. ?Wenn man mit arbeitslosen Menschen spricht, weisen sie sehr schnell auf den Verlust dieser sozialen Beziehungen hin.?

Vorerst k?nnte der beste Ansatz darin bestehen, einfach mit verschiedenen Umsetzungsvarianten dieser Art von Programmen fortzufahren, sie so interdisziplin?r wie m?glich zu gestalten, und darauf zu achten, dass der Nachverfolgung der psychologischen Effekte ein hoher Stellenwert beigemessen wird. Bis dahin sollten Sie sich etwas Zeit nehmen, um das gemeinsame Mittagessen mit Ihren Kollegen zu geniessen. Wer weiss, m?glicherweise haben Sie demn?chst keine Gelegenheit mehr dazu.

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