Man sagt im Allgemeinen, dass ein wirklich talentierter Mensch in mehr als einer Hinsicht begabt ist. Und das glaubt man sofort, wenn man den sanften Klarinettenkl?ngen von Eric Maskin, Professor der Wirtschaftswissenschaften in Harvard, lauscht. Maskin wurde in eine musikalische Familie hineingeboren und machte bereits in jungen Jahren Musik. Allerdings ist es nicht sein musikalisches Talent, f¨¹r das er gefeiert wird. In seinen Zwanzigern schrieb Maskin einen Artikel, der das Gebiet des Mechanismus-Designs fest in den Wirtschaftswissenschaften verankerte. Dieser Artikel, der 2007 vom Nobelpreiskomitee gew¨¹rdigt wurde, war durch die Arbeit von Maskins Freund und Mitpreistr?ger Leonid Hurwicz inspiriert und schuf die Bedingungen daf¨¹r, dass die Mechanismus-Design-Theorie angewendet werden kann, um gesellschaftliche Ziele zu verfolgen.

Eric S. Maskin

Eric S. Maskin

Alfred-Nobel-Ged?chtnispreis f¨¹r Wirtschaftswissenschaften, 2007

Auf einen Blick

Geboren: 1950, New York City, New York, USA

Fachgebiet: Mikro?konomie

Ausgezeichnetes Werk: Die Grundlagen der Mechanismus-Design-Theorie

Besondere Wohnung: Maskin lebte zw?lf Jahre lang im Haus seines Kindheitshelden Albert Einstein in Princeton

Sieht sich selbst als: Komponist der Mathematik

Forschungsregeln: Sich nur mit interessanten Fragen besch?ftigen und an mehreren Projekten gleichzeitig arbeiten, Kollaboration

Mit der Mechanismus-Design-Theorie die Welt verbessern

Mathematik und soziales Bewusstsein, klassische Musik und Jazz-Klavier. Das sind nur einige der Leidenschaften, die beschreiben, wer Maskin ist und womit er sich besch?ftigt.

?F¨¹r mich bedeutet Harmonie, verschiedene Teile, unterschiedliche Richtungen der Musik oder der Wirtschaftswissenschaften oder irgendeiner anderen Sache zu nehmen und so zusammenzuf¨¹gen, dass es den Anschein hat, als w¨¹rden sie zusammengeh?ren?, sagt er. ?Harmonisierung bedeutet, viele Teile zu einem Ganzen zu vereinen.?

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Mechanismus-Design in Aktion oder: Die Geschichte von Alice und Bob

Maskin verwendet f¨¹r seine Forschung zum Mechanismus-Design einen ?hnlichen Ansatz. Er legt unterschiedliche Interessen zugrunde und mischt diese zusammen, um wertvolle Ideen zu kreieren, die unsere Welt bereichern.

?Mechanismus-Design, so schien es mir, k?nnte dabei helfen, die Welt zu verbessern und das Leben vieler Menschen positiv zu beeinflussen?, sagt er. ?Ich hielt das f¨¹r eine grossartige Kombination ¨C das Beste aus zwei Welten, der mathematischen und der sozialen.

Das Problem mit der Politik und Wahlen mit relativer Mehrheit

Maskin ist der Ansicht, dass die Welt schon seit geraumer Zeit eine helfende Hand ben?tigt. Die Wirtschaftswissenschaften k?nnten zum Beispiel aufzeigen, dass manche Wahlsysteme nicht wirklich demokratisch sind. Er spricht die US-Pr?sidentschaftswahl im Jahr 2003 an, deren Ausgang vom Bundesstaat Florida entschieden wurde. Auf dem Wahlzettel standen drei Namen: George W. Bush, Al Gore und Ralph Nader. Von den drei Kandidaten gewann Bush die meisten Stimmen, doch es gibt Hinweise darauf, dass das Ergebnis anders ausgefallen w?re, wenn Nader nicht auf der Liste gestanden h?tte. ?W?re es ein Kopf-an-Kopf-Rennen gewesen, h?tte Gore ganz leicht gewonnen?, behauptet Maskin. ?Man sollte den W?hlern die M?glichkeit geben, eine Rangliste der Kandidaten zu erstellen. Das w¨¹rde mit gr?sserer Wahrscheinlichkeit zu einem ?echten Mehrheitssieger? f¨¹hren.?

?Als ich in den sp?ten 60er und fr¨¹hen 70er Jahren aufs College ging, gab es eine Menge politischer und sozialer Unruhen. Ich denke, uns wurde allen eingetrichtert, dass wir eine Verpflichtung haben, nicht nur an unsere eigene Karriere zu denken, sondern auch an die grossen Herausforderungen, mit denen die Welt konfrontiert ist. Mir wurde bewusst, dass die Wirtschaftswissenschaften eine M?glichkeit daf¨¹r waren.?

Warum unsere Wahlsysteme m?glicherweise nicht demokratisch sind

Die gew¨¹nschten Ergebnisse erzielen

Als Maskin in Harvard bei dem Nobelpreistr?ger Kenneth Arrow?Mathematik als Hauptfach studierte, belegte er seinen ersten Grundkurs in Wirtschaftswissenschaften. Hier lernte er das Mechanismus-Design kennen, den gestaltungstechnischen Aspekt der Volkswirtschaftslehre. ?Eigentlich handelt es sich dabei um Reverse Engineering?, erkl?rt Maskin, erfreut dar¨¹ber, die Theorie einem neuen Publikum vorzustellen. ?Wir beginnen von hinten und definieren zun?chst die gew¨¹nschten Ergebnisse. Dann arbeiten wir uns nach vorn an den Anfang, um einen Mechanismus oder eine Vorrichtung zu finden, die diese Ergebnisse hervorbringen.?

?Ein Mechanismus besteht aus bestimmten Regeln, welche die Teilnehmer befolgen k?nnen, um ein bestimmtes Resultat zu erzielen?, erl?utert er. ?Jeder an dem Mechanismus Beteiligte verfolgt nat¨¹rlich seine eigenen Interessen und versucht, die eigenen Ziele zu erreichen ¨C die nicht unbedingt den Zielen des Mechanismus-Entwicklers entsprechen.?

Das Mechanismus-Design greift dort, wo M?rkte versagen: Umweltpolitik

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Eine der gr?ssten Herausforderungen beim Mechanismus-Design ist die Tatsache, dass der Entwickler nicht immer die gleichen Ziele verfolgt wie die Teilnehmer. W?hrend zum Beispiel das Ziel einer Regierung darin bestehen k?nnte, die CO2-Emissionen zu reduzieren, k?nnte ein Energieversorger das Ziel der Profitmaximierung verfolgen. Um zu ¨¹berpr¨¹fen, ob die Ziele eines Regelgestalters mithilfe eines Mechanismus umsetzbar sind, entwickelte Maskin die sogenannte ?Maskin Monotonicity?.

?Es handelt sich dabei um eine Eigenschaft der vom Entwickler eines Mechanismus verfolgten Ziele und der Verkn¨¹pfung dieser Ziele mit individuellen Zielen. Ist diese erf¨¹llt, bedeutet das, es kann ein Mechanismus gefunden werden?, sagt er. ?Tats?chlich k?nnte man auch einem Algorithmus folgen, um zu solch einem Mechanismus zu gelangen.?

Welche realen Probleme k?nnen damit gel?st werden?

Es gibt viele Situationen, in denen das Mechanismus-Design eingesetzt werden kann, um ein gesellschaftlich erstrebenswertes Ziel zu erreichen und dr?ngende Probleme in der realen Welt zu l?sen. Die Relevanz von Maskins Theorie erstreckt sich ¨¹ber alle Bereiche, angefangen von der Umweltpolitik ¨¹ber Wahlsysteme bis hin zu den Finanzm?rkten. Neben diesen theoretischen Anwendungsbereichen hatte Maskin die M?glichkeit, seine Arbeit auch in die Praxis umzusetzen. Anhand dreier konkreter Beispiele l?sst sich die weitreichende Bedeutung seiner Ideen demonstrieren.

Das Mechanismus-Design war zentraler Bestandteil beim Aufsatz der Dezentralisierungs- und Privatisierungsinstrumente in Polen in den 90er Jahren. Der Bank of Italy erm?glichte es, ihr System zum Verkauf von Staatsanleihen zu reformieren. Und die britische Regierung konnte nach der Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls dank des Mechanismus-Designs eine Beschr?nkung der CO2-Emissionen f¨¹r Stromerzeugungsunternehmen einf¨¹hren.

Entwicklung eines Mechanismus zur Unterst¨¹tzung der Finanzm?rkte

?Mechanismus-Design kann ¨¹berall da eingesetzt werden, wo die M?rkte ihre Probleme nicht allein beheben k?nnen. Wann immer M?rkte einen Anstoss, eine Anpassung oder Feinjustierung brauchen, kann mithilfe des Mechanismus-Designs ermittelt werden, welche Modifikationen des reinen Marktsystems hilfreich sein k?nnten?, erkl?rt der ?konom.

Denken Sie an das Problem der sauberen Luft. Wir k?nnen nicht von rein privaten M?rkten erwarten, mit sauberer Luft versorgt zu werden. Es gibt keinen Ort, an dem wir saubere Luft kaufen k?nnen.

?Hier muss stattdessen die Regierung eingreifen,? sagt er, ?und die von Stromversorgern, Autofahrern und all den sonstigen Umwelts¨¹ndern verursachte Verschmutzung der Atmosph?re begrenzen.?

Die Aufgabe eines Mechanismus-Entwicklers ist es, nicht nur den Mechanismus selbst, sondern auch die dazugeh?rigen Regeln zu finden. ?Man m?chte die Verringerung der Umweltbelastung den Verursachern ¨¹bertragen, die am ehesten dazu in der Lage sind?, schlussfolgert er. Das bedeutet, dass ein Entwickler einen Mechanismus ben?tigt, der die verschiedenen Beteiligten eines Systems ¨C kleine und grosse Umwelts¨¹nder beispielsweise ¨C unterscheiden und herausfinden kann, an welcher Stelle ?nderungen und Bestimmungen insgesamt am wirksamsten umgesetzt werden k?nnen.

Was Musik und Mathematik gemeinsam haben

Die mathematische Modellierung steht im Mittelpunkt seiner Arbeit. Einer seiner fr¨¹heren Studenten, Michael Kremer, attestiert Maskins Arbeit eine gewisse Eleganz. Er sorge daf¨¹r, dass sich unterschiedliche Teile ?stimmig zu einer Geschichte oder einem Modell zusammenf¨¹gen und versucht, Resultate zu erzielen, die so allgemeing¨¹ltig wie m?glich sind.? Maskin gelingt dies auf nahezu k¨¹nstlerische Weise, indem er die Abstraktion und Sch?nheit der Mathematik mit konkreten Problemstellungen verbindet.

Die Sch?nheit, die Maskin in der Mathematik sieht, findet sich auch in der Musik. ?Musik und Mathematik sind beide von ?sthetischen Anspr¨¹chen geleitet?, sagt er. ?Komponisten suchen immer nach der klangvollsten Abfolge von T?nen und Mathematiker suchen immer nach der sch?nsten Formel. Anders als in der visuellen Kunst gibt es in der Musik keine direkte Verbindung zur physikalischen Welt. Sie hat ihre ganz eigene Welt und das gilt auch f¨¹r die Mathematik. Wenn es Leben auf einem anderen Planeten gibt, kann man wohl darauf wetten, dass dort die gleichen mathematischen Gesetze gelten wie bei uns. Das ist nicht von einem bestimmten physischen Ort abh?ngig.?

Je einfacher das Modell, desto sch?ner ist es.

Warum sollten L?nder bessere Wege finden, um zu wachsen?

H?ren Sie dazu die Meinung von Michael Spence und wie L?nder nachhaltiges Wachstum generieren und dabei langfristig einen positiven Effekt erzeugen k?nnen.

Welche Bedeutung hat die Arbeit von Maskin f¨¹r uns?

?Angesichts der Fortschritte und des Wandels der modernen Wirtschaft, k?nnte das Mechanismus-Design f¨¹r Investoren zunehmend an Bedeutung gewinnen.?

Paul Donovan?
Global Chief Economist
ÃÛ¶¹ÊÓÆµ Wealth Management

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