Humanoide: Modell für zukünftige Automatisierung?
Humanoide Roboter könnten die Automatisierung revolutionieren, doch ihre Komplexität und Kosten werfen Fragen zur zukünftigen Einsatzfähigkeit auf.
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Humanoide Roboter könnten die Automatisierung revolutionieren, doch ihre Komplexität und Kosten werfen Fragen zur zukünftigen Einsatzfähigkeit auf.
Wichtige Punkte
Reiz und die Herausforderungen humanoider Roboter
Stellen Sie sich Maschinen vor, die sich wie Menschen bewegen und auch so aussehen. Humanoide Roboter haben unsere Vorstellungskraft seit Langem beflügelt – und ihr Reiz liegt auf der Hand: Roboter in Menschengestalt könnten sich in einer von Menschen für Menschen geschaffenen Welt bewegen, Treppen steigen, Türklinken betätigen und unsere Werkzeuge sowie Infrastruktur nutzen. Millionen solcher Humanoide könnten künftig verschiedenste Alltagstätigkeiten übernehmen und sich mühelos in unsere Lebenswelt einfügen – sie könnten dem Arbeitskräftemangel entgegenwirken, schmutzige und gefährliche Aufgaben übernehmen und uns Menschen mehr Zeit für kreative Tätigkeiten verschaffen.
Heute investieren viele Unternehmen in die Entwicklung humanoider Roboter. Während wir rasche Fortschritte erwarten, haben die Experten in unserem thematischen Aktien Advisory Board1 Fragen zum Formfaktor und zu den Kosten aufgeworfen. Die heutige Welt mag für den Einsatz von Humanoiden zwar geeignet sein, aber werden künftige Fabriken, Spitäler und Lagerhäuser anders gestaltet sein, um die neuesten Technologien und kosteneffizientesten Automatisierungslösungen optimal einzubinden? Schliesslich braucht man keinen humanoiden Roboter, um ein autonomes Fahrzeug zu fahren.
Humanoide Roboter sind teuer, komplex und im Vergleich zu einfacheren, spezialisierteren Automatisierungssystemen relativ anfällig.
Professor Gery Colombo, Mitglied des thematischen Aktien Advisory Boards, März 2025
Komplexität erhöht die Kosten
Humanoide Roboter sind äusserst komplex. Agility Robotics zufolge werden rund 5,000 Einzelteile benötigt2 sowie 36 sogenannte “Freiheitsgrade“3 pro Gelenk – die Hände nicht mitgerechnet. Jeder zusätzliche Freiheitsgrad verbessert zwar die Fähigkeit, menschenähnliche Bewegungen wie das Gehen oder das Tragen von Objekten auszuführen; er erfordert jedoch auch eigene Aktuatoren, Sensoren, Getriebe und Motoren und erhöht damit Kosten, Gewicht, Energiebedarf und den gesamten technischen Aufwand des Systems.
Die Vielseitigkeit einer menschlichen Hand nachzubilden, ist eine der grössten Herausforderungen in der Robotik. Schon das Binden eines Schnürsenkels ist hochkomplex. Das fortschrittliche Roboterhandsystem “Dexterous Hand“ von Shadow Robotics verfügt über 20 Motoren und 24 Freiheitsgrade – zu einem Preis von USD 74,000.4 Paradoxerweise sind Hände und Beine womöglich gar nicht die beste Lösung. Räder sind in bestimmten Umgebungen deutlich effizienter, und ein Set aus modularen, austauschbaren “Endeffektoren“ – wie Schraubenzieher oder Saugnäpfen – könnten in vielen Anwendungen praktischer sein als menschenähnliche Hände.
Unternehmen | Unternehmen | Tesla | Tesla | UBTech | UBTech | Agility Robotics | Agility Robotics | Unitree | Unitree | Boston Dynamics | Boston Dynamics | Figure AI | Figure AI |
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Unternehmen | Modell | Tesla | Optimus | UBTech | Walker S1 | Agility Robotics | Digit | Unitree | H1 | Boston Dynamics | Atlas 2 | Figure AI | F02 |
Unternehmen | Region | Tesla | USA | UBTech | China | Agility Robotics | USA | Unitree | China | Boston Dynamics | USA | Figure AI | USA |
Unternehmen | Höhe, cm | Tesla | 170 | UBTech | 172 | Agility Robotics | 175 | Unitree | 180 | Boston Dynamics | 150 | Figure AI | 168 |
Unternehmen | Tragfähigkeit, kg | Tesla | 20 | UBTech | 15 | Agility Robotics | 16 | Unitree | 30 | Boston Dynamics | °.Ìý´¡. | Figure AI | 20 |
Unternehmen | DoF, Gelenke | Tesla | Körper, 32 Hände, 22 | UBTech | 41 | Agility Robotics | 28 | Unitree | 27 | Boston Dynamics | 28 in Atlas 1 Atlas 2: nicht bekannt | Figure AI | Körper, 29 Hände, 32 |
Unternehmen | Spitzengeschwindigkeit, km/h | Tesla | 8 | UBTech | Nicht bekannt | Agility Robotics | 5,4 | Unitree | 5 | Boston Dynamics | 9 | Figure AI | 4,3 |
Unternehmen | Kostenziel bei Serienfertigung, USD | Tesla | 20-30 Tsd., 1 Mio. Einheiten | UBTech | 20-30 Tsd. | Agility Robotics | Nicht bekannt | Unitree | 20-30 Tsd. | Boston Dynamics | Nicht bekannt | Figure AI | 20-30 Tsd. |
Unternehmen | Aktuelle Kosteneinschätzung, USD | Tesla | 50-60 Tsd. | UBTech | 100-150 Tsd. | Agility Robotics | 150 Tsd. | Unitree | 90 Tsd. | Boston Dynamics | Ca. 500 Tsd.+ | Figure AI | 30-100 Tsd. |
Angesichts der Vielzahl an Gelenken überrascht es nicht, dass Aktuatoren etwa die Hälfte der Kosten eines Humanoiden ausmachen.5 Auch Batterien, Kraftsensoren, optische Kameras, LiDAR-Systeme (Laserscanner und Entfernungsmesser) sowie KI-Chips zur Datenverarbeitung sind kostenintensiv. In Anbetracht dieser Kostentreiber und der enormen Komplexität liegt es nahe, dass bei humanoiden Robotern vieles schiefgehen kann. Wie sicher können wir sein, dass solche Maschinen rund um die Uhr einsatzbereit sind, Stösse und Stürze unbeschadet überstehen und auch in schmutzigen, staubigen Umgebungen effizient und zuverlässig funktionieren?
Die für einen wirklich nützlichen humanoiden Haushaltsroboter erforderliche Flexibilität und körperliche Leistungsfähigkeit – insbesondere im Hinblick auf geschickte Handfertigkeit – erscheinen auf absehbare Zeit kaum realistisch.
Dr. Roland Siegwart, Professor für Autonome Systeme an der ETH Zürich, April 2025
Ehrgeizige Ziele und realistische Erwartungen
Elon Musk peilt mit gewohntem Ehrgeiz eine Produktion von 50,000 humanoiden Robotern im Jahr 2026 und 500,000 im Jahr 2027 an.6 Im Gegensatz dazu hat Agility Robotics ein deutlich bescheideneres Ziel formuliert: “10,000 Einheiten in den nächsten Jahren“.2 China plant angesichts seiner umfassenden Fertigungs- und Lieferkettenkapazitäten ebenfalls einen signifikanten Produktionsausbau in den kommenden Jahren.
Laut Finanzanalysten sollen bis 2030 eine Million humanoide Roboter produziert werden.7 Für Anleger birgt dies das Risiko eines “Hype-Zyklus“: Anfangs überzogene Erwartungen, gefolgt von Ernüchterung nach einigen Jahren, bevor sich schliesslich echte Anwendungsfälle für die Technologie durchsetzen. Dieses Muster ist bekannt – autonome Fahrsysteme beispielsweise haben sich trotz jahrzehntelanger Entwicklung deutlich langsamer verbreitet als ursprünglich erwartet. Da humanoide Roboter langsam aber in der Produktion eingesetzt werden, könnte sich bald zeigen, ob sie tatsächlich eine positive Rendite erwirtschaften.
Wir erwarten, dass humanoide Roboter in bestimmten Aufgabenbereichen von Fabriken und Logistikzentren erfolgreich eingesetzt werden. Gleichzeitig sind wir jedoch skeptischer, ob sie eine vielfältige und dynamische Bandbreite an unterschiedlichsten Aufgaben bewältigen können. Grosse Unternehmen führen neue Technologien in der Regel bewusst schrittweise ein, sobald diese geprüft und erprobt sind. Zuverlässigkeit ist dabei von entscheidender Bedeutung. Solange die Produktionsmengen nicht in grossem Umfang erreicht sind, wird auch der hohe Preis für humanoide Roboter weiterhin eine Hürde für die Akzeptanz darstellen.
Nicht-humanoide Roboter dominieren bereits heute die industrielle Landschaft. Rädergetriebene, fahrerlose Transportsysteme (AGVs), CNC-Maschinen und Roboterarme kommen in Fabriken und Lagerhäusern umfassend zum Einsatz. Sie sind in der Regel für spezifische Aufgaben konzipiert – etwa das Greifen und Platzieren von Objekten oder das Schweissen – und überzeugen dabei durch Präzision, Geschwindigkeit, niedrige Kosten, Effizienz und einfacher Wartung. Durch den Einsatz von KI werden diese spezialisierten Systeme zunehmend “intelligenter“ und benutzerfreundlicher – vielleicht sind sie das eigentliche Zukunftsmodell der Automatisierung.
Positiver Ausblick für spezialisierte Roboter
Es scheint, dass wir noch weit davon entfernt sind, vollumfänglich einsetzbare humanoide Roboter einzusetzen, die unsere Hausarbeiten erledigen und körperlich anstrengende Tätigkeiten übernehmen. Der Fortschritt verläuft jedoch rasant, und erste Rückmeldungen von Logistikunternehmen, die Pilotprojekte mit Humanoiden durchführen, sind positiv.8 Die entscheidende Frage ist, für welche Anwendungsbereiche und zu welchem Preis sie wirtschaftlich tragfähig sind. Die Mitglieder unseres Advisory Boards bleiben teilweise skeptisch gegenüber der humanoiden Form und der Geschwindigkeit, mit der sich physische KI weiterentwickeln wird. Dennoch beurteilen sie die Perspektiven spezialisierter Automatisierungslösungen, die für bestimmte Aufgaben entwickelt wurden und durch KI-Technologie unterstützt werden, nach wie vor sehr positiv.
Trotzdem sollten wir den menschlichen Gestaltungswillen nicht unterschätzen. Wenn sehr einflussreiche Persönlichkeiten mit enormen finanziellen Ressourcen – wie Jensen Huang (Nvidia) und Elon Musk (Tesla) – humanoide Roboter zu einem zentralen Bestandteil ihrer Zukunftsvisionen machen, wäre es töricht, sich dieser Entwicklung zu verschliessen. Tatsächlich übertreffen die Forschungs- und Entwicklungsbudgets vieler Unternehmen mittlerweile die Mittel staatlicher oder privat finanzierter Programme bei Weitem. Angesichts des rasanten Fortschritts von KI und anderen Technologien könnte es letztlich heissen: “Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“.
Ganz gleich, ob humanoide oder spezialisierte Maschinen die Zukunft prägen werden – der derzeitige Hype um physische KI (“Embodiment“) zeigt, wie innovativ und dynamisch das Spektrum um das Thema «Künstliche Intelligenz und Robotik» ist. Wir sind überzeugt, dass dieser Bereich für geduldige Anleger auf lange Frist überdurchschnittliche Renditen bringen kann. Unser Pure-Play-Ansatz bietet dabei sowohl eine hohe thematische Fokussierung als auch eine Diversifikation gegenüber herkömmlichen Aktienindizes.
CFA, Senior portfolio manager, Thematic Equities
Julian Beard ist seit Anfang 2021 Senior Portfolio Manager für die AI and Robotics Equity Strategie im Thematic Equity Team bei ÃÛ¶¹ÊÓÆµ Asset Management. Ursprünglich stiess Julian 2004 zum US-Aktienteam von Credit Suisse Asset Management, heute Teil des ÃÛ¶¹ÊÓÆµ-Konzerns. Dort deckte er später europäische Aktien ab und lancierte und verwaltete die Aktienmandate Global Quality Growth, bevor er ins Thementeam wechselte. Seine Laufbahn begann er im Jahr 1998 als Investmentanalyst bei Scottish Life; 2001 wechselte Julian dann zum US-Aktienteam von Abbey National. Er verfügt über umfassende Expertise in Schlüsselbranchen wie Technologie, Industrie und Finanzen. Julian hat einen Bachelor-Abschluss in Physik von der University of Edinburgh und ist CFA Charterholder.
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