Man sagt, dass es h?ufig nicht darum geht, was man wei?, sondern wen man kennt. Als Paul Milgrom seinen MBA-Abschluss in Stanford erwarb, hatte er die Angewohnheit, seinen Professoren bessere Methoden zu zeigen, wie sie ihre Analysen zu Unterrichtsthemen durchf¨¹hren konnten. Er wurde dazu ermutigt, zum Doktorandenprogramm zu wechseln. Das tat er und schloss dort mit einem Studienkollegen Bekanntschaft, Bengt Holmstr?m. Holmstr?m war Milgrom ein Jahr voraus und schlug ihm vor, Robert Wilson als Doktorvater zu w?hlen. Milgrom belegte einen Kurs von Wilson und schrieb seine Doktorarbeit nicht nur auf der Grundlage von Wilsons eigener Auktionstheorie, sondern verbesserte diese auch.

?Ich war in der Lage, seine bisherige Arbeit erheblich zu generalisieren¡°, sagt Milgrom. ?Er war sehr begeistert und sagte ?Sie werden mein Student und was Sie geschrieben haben, ist schon fast eine Dissertation. Jetzt brauchen Sie nur noch die gesamte Literatur zum Thema lesen und eine Zusammenfassung davon schreiben.¡®¡°

Wilson nahm Milgrom als Mentee an und heute sind sowohl die beiden ehemaligen Studenten als auch ihr Professor Nobelpreistr?ger der Wirtschaftswissenschaften.

Foto von Paul R. Milgrom

Paul R. Milgrom

Alfred-Nobel-Ged?chtnispreis f¨¹r Wirtschaftswissenschaften, 2020 (anteilig)

Auf einen Blick

Geboren: 1948, Detroit, USA

Fachgebiet: Spieltheorie

Preis: Alfred-Nobel-Ged?chtnispreis f¨¹r Wirtschaftswissenschaften, 2020 (anteilig)

Ausgezeichnetes Werk: Verbesserungen der Auktionstheorie und Erfindung neuer Auktionsformate

Zuf?lliger Wirtschaftswissenschaftler: Hat eigentlich gar keine Abschl¨¹sse in Wirtschaftswissenschaften. Mathematik und Entscheidungswissenschaften, zusammen mit mehreren Schl¨¹sselpersonen, brachten ihn zur ?konomie.

Im Blickpunkt: Wie k¨¹nstliche Intelligenz und maschinelles Lernen den Anreiz-Auktionsbereich beeinflussen

Nobel-Liebesgeschichte: 1996 sass er bei einer Preisverleihung neben seiner jetzigen Frau. Zehn Jahre sp?ter waren sie verheiratet und wurden 2016 wiederum von der Nobelstiftung eingeladen, wo sie vom nationalen Fernsehen zu ihrem Kennenlernen interviewt wurden.

Unter Giganten arbeiten

Von 1979 bis 1983 dozierte Milgrom an der Kellogg School of Management der Northwestern University. Zu seinen Kollegen z?hlten sein ehemaliger Studienkollege Holmstr?m sowie Roger Myerson und Nancy Stokey. Die Spieltheorie steckte noch in den Kinderschuhen, und sie betrieben neue Forschungsaktivit?ten, konkurrierten miteinander und gaben einander Anregungen.

?Wir hatten keine Ahnung, wie wichtig unsere Arbeit werden w¨¹rde¡°, sagt Milgrom. ?Wir hatten ein gutes Gef¨¹hl mit dem, was wir taten, wussten aber nicht, dass die Wirtschaftstheorie aus der Zeit vor dieser ?ra im Grunde verschwinden und alles auf Spieltheorie-Modellen basieren w¨¹rde.¡°

Auch heute noch erinnert sich Milgrom an die damals herrschende intellektuelle Begeisterung und das Gemeinschaftsgef¨¹hl.

?Man sagte uns, dass im Durchschnitt die H?lfte der Leute hier eine Professur erhalten w¨¹rde¡°, sagt er lachend. ?Sie konnten jedoch nicht vorhersagen, dass die H?lfte von uns Nobelpreise gewinnen w¨¹rde, was im Endeffekt geschah.¡°

Bessere Mechanismen dank Spieltheorie und Market Design

Milgrom und seine Kollegen stellten die herk?mmlichen Wirtschaftstheorien in Frage und besch?ftigten sich damit, M?rkte und Strukturen sowie die von Wirtschaftswissenschaftlern verwendeten Werkzeuge neu zu gestalten.

?Die Spieltheorie bot uns ein Werkzeug f¨¹r die Analyse sehr spezifischer Regeln, die besagen, ?Du machst ein Gebot, er macht ein Gebot, sie macht ein Gebot¡®, erl?utert er. ?Wie bringen wir diese Gebote zusammen, um Preise f¨¹r die verschiedenen Artikel zu bestimmen? Das brachte uns dazu, in der Fr¨¹hphase die Spieltheorie einzusetzen, um Verhandlungsregeln, Auktionsregeln und weitere Prozesse, wie z.B. Markteintrittsentscheidungen, zu analysieren, Aspekte, die in den herk?mmlichen Wirtschaftswissenschaften von vor 100 Jahren nicht selbstverst?ndlich waren.¡°

Obwohl die Spieltheorie ein neuer Zweig des Fachgebiets war, wurde diese ein wichtiges Werkzeug, aus dem sich neue Bereiche entwickelten, u. a. Mechanismus-Design-Theorie und Marktdesign.

?Bei der Mechanismus-Design-Theorie ging es um die Frage, ob wir, wenn wir verstehen, wie Menschen im Rahmen des Spiels spielen, m?glicherweise die Regeln des Spiels so entwerfen k?nnen, dass sich das Ergebnis verbessert¡°, erl?utert Milgrom. ?Denn darum dreht es sich bei der Mechanismus-Design-Theorie, zu versuchen, bessere Mechanismen zu schaffen und dann die Spieltheorie nutzen, um vorherzusagen, wie gut diese Mechanismen funktionieren.¡°

?Marktdesign macht sich die Mechanismus-Design-Theorie auf praktische Weise zu Nutzen, wenn unsere Modelle nicht alles, was sich weltweit ereignet, ber¨¹cksichtigen¡°, so f?hrt er fort. ?Unsere Modelle sind Simplifizierungen. Wir m¨¹ssen etwas schaffen, was in der realen Welt funktioniert, und dabei m¨¹ssen wir viel mehr ber¨¹cksichtigen als die Aspekte, die traditionell f¨¹r die Mechanismus-Design-Theorie eingesetzt werden. Dahingegen ist Marktdesign der Entwurf aller praktischen Regeln, die etwas ergeben, was in der realen Welt funktioniert.¡°

Wir versuchen, bessere Mechanismen zu schaffen und dann die Spieltheorie nutzen, um vorherzusagen, wie gut diese Mechanismen funktionieren.

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Mechanismen und M?rkte f¨¹r die reale Welt entwerfen

Eine durch Wohlt?tigkeit inspirierte Auktionstheorie

In den 1980er Jahren wandte sich die Federal Communications Commission (FCC) an Milgrom und Wilson. Der Kongress hatte die FCC autorisiert, zu einem Bietersystem ¨¹berzugehen, um Mobilfunk-Frequenzen zu vergeben, und suchte nach Vorschl?gen, wie die Struktur der Ausschreibung aussehen k?nnte.

Kurz zuvor war Milgrom durch eine Wohlt?tigkeitsauktion in der Schule eines seiner Kinder inspiriert worden. Das Setup war das ?bliche. Es gab Tische mit einer Auswahl von gespendeten und zum Verkauf angebotenen Artikeln. Neben jedem Artikel lag ein Anmeldebogen, auf dem die Eltern ihren Namen eintragen und ein Gebot abgeben konnten.

?Mir fiel auf, dass manche Leute einfach herumliefen und eigentlich nichts taten¡°, sagt Wilson. ?Und ganz zum Schluss, kurz bevor die Klingel ert?nte, gaben sie erst ihr Gebot ab. Und erhielten dann den Zuschlag. Es handelte sich hier um eine Auktion, bei dem die Bieter das System austricksen konnten, indem sie bis zum Schluss warteten und dann ein Gebot abgaben, ohne dass andere Teilnehmer noch die Gelegenheit hatten, zu reagieren.¡°

Dutzende von Unternehmen versuchten, ihre lokalen drahtgebundenen Netze durch die Mobilfunk-Linzenzauktion zu erg?nzen und Milgrom wollte vermeiden, dass sich bei der FCC wiederholte, was er bei der Wohlt?tigkeitsauktion in Echtzeit gesehen hatte.

?Bob [Wilson] und ich schlugen vor, dass alle Lizenzen gleichzeitig zum Verkauf angeboten werden, die Auktion jedoch in mehreren Runden erfolgen w¨¹rde. Wenn man in einer Runde kein Gebot abgibt, hat man in der n?chsten Runde auch keine Gelegenheit mehr zu bieten. Man kann nicht bis zum Schluss warten¡°, sagt Milgrom. ?Dazu kam noch eine sogenannte Aktivit?tsregel, die besagte, dass man die Gebotsaktivit?t nicht im Laufe der Auktion steigern kann. Das war eine enorme Innovation.¡°

?Wir nannten dies eine simultane Mehrrundenauktion und anhand der Runden konnten wir die Aktivit?t verfolgen¡°, so f?hrt er fort. ?Die Aktivit?tsregel in Kombination mit einer Regel, nach der die Auktion erst dann endet, wenn keine neuen Gebote mehr abgegeben werden, gew?hrleistet eine effektive Konkurrenz, zumindest im Kontext der ersten Auktion.¡°

Die FCC akzeptierte diesen Vorschlag, der daraufhin weltweit kopiert wurde.

Wir hatten die sogenannte Aktivit?tsregel, die besagte, dass man die Gebotsaktivit?t nicht im Laufe der Auktion steigern kann. Das war eine enorme Innovation.

Die FCC Frequenzspektrum-Auktion

Ein Boutique-Ansatz f¨¹r nachhaltige Auktionen

Nach dem Erfolg des Anreiz-Auktions-Designs der FCC wandten sich so viele Firmen an Milgrom, die ihre eigenen Gebotsoptionen untersuchen wollten, dass er Auctionomics mitgr¨¹ndete, eine Auktions- und Beratungsfirma.

?Wir nennen es das Auktionsunternehmen f¨¹r hohe Eins?tze¡°, sagt er. ?Bei nahezu allen Auktionen, an denen wir beteiligt sind, geht es um mindestens eine Milliarde Dollar. Wir beraten entweder die Designer der Auktion im Hinblick auf eine f¨¹r ihre geplanten Ziele optimale Durchf¨¹hrung der Auktion, oder wir beraten die Bieter, wie sie in der Auktion am besten bieten k?nnen, um das gew¨¹nschte Objekt zu erwerben, ohne zu viel zu bezahlen. Dabei ber¨¹cksichtigen wir den Winner¡¯s Curse, den Wettbewerb und alle Komplexit?ten der jeweiligen Auktion.¡°

Milgrom nutzte diese Auctionomics auch, um neue M?rkte zu erkunden, die seiner Ansicht nach ein Neudesign gebrauchen k?nnen. Sein aktueller Fokus liegt auf der Entwicklung neuer Marktarten f¨¹r Wasserrechte, wobei er sich speziell auf Oberfl?chenwasser in Kalifornien konzentriert.

?In Kalifornien wurden die Wasserrechte historisch festgelegt¡°, sagt Milgrom. ?Wenn man einen Hof gr¨¹ndete, erhielt man die Rechte, dort Wasser zu entnehmen, und hatte gegen¨¹ber Menschen, die sp?ter kamen, Priorit?t. Fr¨¹her war das sehr praktisch, aber diese Art von Rechten lassen sich nur schwer ¨¹bertragen. Inzwischen haben wir hochwertige Nutzungen. Der ?bergang von der fr¨¹heren minderwertigen Nutzung zur hochwertigen Wassernutzung wird erschwert.¡°

?Die Entwicklung der neuen Nutzungsformen erfordert ein gewisses Marktdesign¡°, erl?utert er. ?Wir m¨¹ssen M?rkte schaffen, die es noch nie zuvor gab, weil die Voraussetzungen f¨¹r diese M?rkte nicht existierten. Und genau das versuche ich zu realisieren.¡°

Milgrom ist zuversichtlich, dass er jetzt, nachdem er die h?chste Auszeichnung in seinem Fachgebiet erhalten hat, m?glicherweise mehr Einfluss in politischen Kreisen bekommen wird.

?Wir wissen alle, dass neue Wassermarktdesigns erforderlich sind¡°, sagt er. ?Wenn ich einen guten Vorschlag machen und dem Gouverneur von Kalifornien sagen kann, dass ich eine L?sung f¨¹r dieses Problem habe, bin ich der Ansicht, dass ich mir Geh?r verschaffen kann. Daher m?chte ich das so einsetzen.¡°

Wasserknappheit

Gute wirtschaftswissenschaftliche Forschung wird uns helfen, uns besser an den Klimawandel anzupassen. Sie wird uns bei der Einkommensungleichheit sowie den Problemen im internationalen Handel und mit Fl¨¹chtlingen helfen.

Eine gr¨¹nere Wirtschaft hilft uns allen

Milgrom hofft, dass der Einfluss seiner Arbeit zur Reform der Wasserrechte weit ¨¹ber Kalifornien hinausreicht, dass ein Vorschlag, der ausreichend generalisierbar ist, implementiert werden kann und dass andere Rechtsordnungen weltweit diesen ¨¹bernehmen k?nnen, um so die durch den Klimawandel entstandenen Wasserprobleme zu l?sen.

?Die Wirtschaftswissenschaften beginnen mit Fragen ¨¹ber die Ressourcenallokation. Mit anderen Worten, wie machen wir das Beste aus den begrenzten verf¨¹gbaren Ressourcen?¡°, sagt Milgrom. ?Wie leben wir innerhalb der Einschr?nkungen, mit denen wir konfrontiert werden? Ich bin der Ansicht, dass gute wirtschaftswissenschaftliche Forschung uns helfen wird, uns besser an den Klimawandel anzupassen. Sie wird uns bei den Problemen der Einkommensungleichheit helfen, auch bei ?bergangsphasen, um die Kosten zu senken, die unvermeidlich durch Ver?nderungen entstehen, sowie beim Umgang mit internationalem Handel und mit Fl¨¹chtlingen.¡±

?Wirtschaftswissenschaftler fokussieren sich darauf, wie wir uns individuelle F?higkeiten und Kenntnisse zu Nutzen machen k?nnen¡°, sagt er. ?Man muss mit m?glichst vielen Menschen kooperieren bzw. eine gesamte Community engagieren, um zu versuchen, Probleme zu l?sen. Ich habe das Gef¨¹hl, dass dies ein phantastisches Projekt zum Abschluss meiner Karriere w?re.¡°

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